Friedrich Ebert
Am 11. Februar 1919 wählte die in Weimar tagende Nationalversammlung den SPD-Vorsitzenden Friedrich Ebert zum Reichspräsidenten. Zum ersten Mal stand ein Mann aus dem Volk, einer der im Kaiserreich als Reichsfeinde ausgegrenzten Sozialdemokraten, an der Spitze des Deutschen Reichs. Das erste demokratisch gewählte Staatsoberhaupt in der deutschen Geschichte gelobte, als Beauftragter des ganzen deutschen Volks zu handeln; gleichzeitig bekundete er, dass er als Sohn des Arbeiterstands in der Gedankenwelt des Sozialismus aufgewachsen sei und weder seinen Ursprung noch seine Überzeugung jemals verleugnen werde.
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Geboren im Reichsgründungsjahr 1871 (4. Februar), trat der Schneidersohn und gelernte
Sattler zum Ende des Kaiserreichs am 9. November 1918 in die staatspolitische Verantwortung, als der letzte kaiserliche Reichskanzler Prinz Max von Baden ihm im Zeichen der sich ausbreitenden Revolution die Kanzlerschaft übertrug. Im Ersten Weltkrieg war der 1913 als Nachfolger von August Bebel zu einem der SPD-Vorsitzenden gewählte Ebert zu einem führenden Politiker aufgestiegen. 1905 war er in den Parteivorstand gelangt, nachdem er sich zuvor in Bremen (ab 1891) das Rüstzeug eines Parteiarbeiters erworben hatte. In der Hansestadt, wo er 1894 die Fabrikarbeiterin und Gewerkschafterin Louise Rump heiratete, formte sich sein Selbstverständnis als ein reformorientierter Pragmatiker.
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Friedrich Ebert spricht nach seiner Vereidigung als Reichspräsident 1919. (1:55)
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Die Politik der behutsamen Reform leitete ihn auch in der Revolutionszeit 1918/19 als führendes Mitglied der revolutionären Übergangsregierung. Ihm ging es darum, das drohende Chaos abzuwenden und gleichzeitig so rasch wie möglich den Weg in die parlamentarische Demokratie zu bahnen. Beseelt von dem Glauben, dass die Republik nur dann lebensfähig sei, wenn der Klassenkompromiss von sozialdemokratischer Arbeiterbewegung und reformbereitem Bürgertum halten würde, verstand er sich als Brückenbauer. Als Reichspräsident (1919 bis 1925) sah er es als seine zentrale Aufgabe an, die Grundlagen für das Funktionieren der Demokratie zu schaffen und für Kontinuität der Regierung zu sorgen. Zur Überwindung der permanenten Krise infolge der unerwarteten Kriegsniederlage, in einer innerlich wenig befriedeten, äußerlich bedrängten Republik, im Kampf gegen Rechts- und Linksextremismus wandte Ebert seine präsidialen Befugnisse konsequent an. Auch dank seiner Politik, die nicht frei von Fehlern und Fehleinschätzungen war, befand sich die Republik von Weimar gegen Ende seiner Amtszeit in einer Phase der relativen Stabilität.
Sein früher Tod am 28. Februar 1925, bedingt durch eine verschleppte Krankheit während einer perfiden Verleumdungskampagne gegen ihn, bedeuteten eine Zäsur für die Weimarer Republik. Schon wenige Tage später wurde die von ihm selbst in seinem Testament angeregte „Friedrich-Ebert-Stiftung“ ins Leben gerufen. Sie ist damit die älteste parteinahe Stiftung in Deutschland. Nicht nur die SPD verlor dadurch eine ihrer wichtigsten Persönlichkeiten, auch die Demokratie von Weimar musste fortan auf einen ihrer Stützpfeiler verzichten. In der historischen Forschung bisweilen umstritten, hat Friedrich Ebert mittlerweile als Gründer und Garant der ersten Republik seinen Platz im historisch-politischen Traditionshaushalt der Bundesrepublik Deutschland gefunden. Dieser Umstand wird auch in der „Reichspräsident-Friedrich-Ebert-Gedenkstätte“ in Heidelberg gewürdigt, die 1986 als zweite von inzwischen fünf Politikergedenkstiftungen des Bundes gegründet wurde.