Frauenemanzipation

Die Französische Revolution bot feministischen Ideen einen Nährboden und politisierte Männer wie Frauen in Deutschland. Schließlich begannen sich Frauen im 19. Jahrhundert zu organisieren. Sie gründeten Frauenvereine, verfassten feministische Schriften und engagierten sich in politischen Bewegungen. In der deutschen Sozialdemokratie vollzog sich die Verankerung der Frauenemanzipation bereits in ihrer frühen Phase, beeinflusst wesentlich durch August Bebels Buch „Die Frau und der Sozialismus“ (1879). In seiner Schrift sprach er sich für die gesellschaftliche und berufliche Gleichstellung der Geschlechter aus. Darüber hinaus verband er die Frauenemanzipation mit der Lösung der sozialen Frage, denn nur eine sozialistische Gesellschaft, so Bebel, könne die Frauendiskriminierung wirklich beenden. 1891 nahm die SPD – als erste deutsche Partei – die Forderung nach dem Frauenwahlrecht und der rechtlichen Gleichstellung der Frauen in ihr Erfurter Programm auf.

Diesem Bekenntnis zum Trotz gab es innerhalb der SPD Stimmen, die eine Begrenzung der Gleichstellung, vor allem der Berufstätigkeit verheirateter Frauen und Mütter forderten. Im Gegenzug erklärten Sozialdemokratinnen wie Emma Ihrer, Clara Zetkin und Lily Braun, die wirtschaftliche Unabhängigkeit der Frau sei für deren Selbstbestimmung und damit für die Demokratie von zentraler Bedeutung.

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Die Frau als "vollberechtigte Staatsbürgerin": Rede von Marie Juchacz 1928. (3:46)
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Die gesetzliche Verankerung des Frauenwahlrechts 1918 gilt als Meilenstein in der Geschichte der deutschen Frauenemanzipation. Die Gleichberechtigung war damit aber noch lange nicht verwirklicht. Vielmehr verblassten die Vorstellungen Bebels, und in der SPD setzte sich das traditionelle Frauenbild der Hausfrau und Mutter wieder durch. In der Weimarer Republik prangerten nur wenige SPD-Politikerinnen die Kluft zwischen dem theoretischen Bekenntnis zur Frauenemanzipation und der politischen Praxis der SPD an.

Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrten Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten aus der inneren und äußeren Emigration zurück und nahmen ihre Arbeit wieder auf. Wegweisend für die Frauenemanzipation in der Bundesrepublik Deutschland wurde Artikel 3 des Grundgesetzes „Frauen und Männer sind gleichberechtigt“. Entschiedene Verfechterin dieser bedeutsamen Formulierung war die Sozialdemokratin Elisabeth Selbert.

In den 1970er Jahren machte die Neue Frauenbewegung die Ursachen der Frauendiskriminierung, die trotz formaler Gleichberechtigung anhielt, sichtbar und initiierte einen entsprechenden Bewusstseinswandel. An diesem wirkten auch SPD-Frauen mit, die 1973 die Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen (ASF) ins Leben riefen. Die Anpassung vor allem des Ehe- und Familienrechts an den Gleichstellungsgrundsatz hat in dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz von 2006, verabschiedet von der Großen Koalition, ihren vorläufigen Höhepunkt gefunden.